**R** „Marco und Dima“ – von Bela Vivo

Befremdlich, begeisternd, beeindruckend



Erscheinungsdatum: 08.12.2018

Verlag: /

ISBN: B07L7TP2C3

Sprache: Deutsch

E-Buch Text 230 Seiten

Vielen lieben Dank an die Autorin für das Bereitstellen eines Rezensionsexemplares! ♥



„Berlin 1993. Der arbeitslose Skinhead Marco macht – wie viele andere in Deutschland – Einwanderer und Asylanten für seine missliche Lage verantwortlich.

Eines Abends trifft er in einer Kneipe auf den jungen Spätaussiedler Dima, der erst vor Kurzem mit seiner Familie von Russland nach Deutschland gezogen ist. Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Yury ist Dima voller Optimismus und will sich schnell integrieren.

Nach einem verhängnisvollen Streit mit Dima und Yury flieht Marco ins Ausland, wo sich ihm eine neue aufregende Welt offenbart. Zeitgleich holt ihn ein altes Geheimnis ein, das ihn letztendlich mit dem jungen Spätaussiedler Dima verbindet.

„Marco und Dima“ handelt von Intoleranz und Ausländerfeindlichkeit, die kurz nach der Wende einen traurigen Höhepunkt erreichte, aber auch von Hoffnung, Veränderung und Selbstfindung. Darüber hinaus ist das Buch eine packende (teils humorvolle) Mischung aus Thriller, Liebesroman und Kulturkunde – mit einem Hauch von Mystery.“
Quelle: Lovelybooks


Für mich war die Geschichte rund um Marco und Dima sehr intensiv, informativ und vor allem beeindruckend. Es ist ein erschreckendes Buch, das mich positiv überraschen konnte.

Aufgeteilt wird die Geschichte in zwei Sichtweisen. Zum einen liest der Leser durch Marco, einem jugendlichen Skinhead/Nazi und zum anderen durch die Perspektive von Dima, einem Spätaussiedler aus Russland. Beide befinden sich im Berliner 1993 und versuchen beide auf ihre Art und Weise ihr Leben in den Griff zu bekommen.

Da Beide eher im jugendlichen Alter sind, verwendet die Autorin auch einen altersgerechten Schreibstil, dem man sehr leicht folgen kann. Dieser liest sich sehr flüssig, aber auch sehr einfach. Die Sichtweise von Marco bringt jedoch einen Kontrast herein, durch sehr heftige, rechte Gedanken. Für mich war es teilweise sehr befremdlich zu lesen und bereits nach den ersten Seiten aus seiner Perspektive wird dem Leser deutlich, die Geschichte wird ein ganz schön heftiger Tobak sein.
Zum Beispiel erhält Dima durch Zufall eine Stelle in dem Betrieb, aus dem Marco Tage zuvor gefeuert wurde. Natürlich ist nun Dima für Marcos Arbeitslosigkeit verantwortlich, da die Ausländer den Deutschen seiner Meinung nach, die Arbeit wegnehmen. Dabei ist es nicht mal die gleiche Arbeitsstelle.

Dabei ist Dima ein fleißiger und zurückhaltender Junge, der einfach versucht sich ein Leben in Berlin aufzubauen. Mir persönlich war er sehr sympathisch, durch seine mitfühlende, empathische Art und seinem Helfersyndrom anderen gegenüber. Mit Dimas Bruder Yury wird hier jedoch ein starker Kontrast geschaffen. Yury hängt noch sehr stark an seiner alten Heimat in Russland, möchte sich in Deutschland nicht integrieren und landet schnell in der Berliner Drogenszene als Dealer.

Der Autorin sind die Charaktere sehr gut gelungen. Sie verdeutlicht erst, dass ausländische Einsiedler nicht verurteilt werden sollten, nicht alle in einen gleichen Topf geschmissen werden sollten. Mit Dima und Yury zeigt sie, dass es solche und solche Einsiedler beziehungsweise Personen gibt. Sie redet nichts schön, aber auch nichts schlecht und stellt mit ihren Charakteren einfach die Realität dar. Je weiter die Geschichte fortschreitet, wandelt sich ihre Aussage jedoch auch noch dazu, dass niemand verurteilt werden sollte. Keine Person.

Als ein Zusammentreffen von Marco und Dima anders ausgeht, als beide erwartet hätten, flüchtet Marco nach Brasilien. Plötzlich ist ER der Ausländer in einem Land, benötigt Hilfe von Brasilianern und erhält diese auch stets mit einem Lächeln der Einwohner. Ab hier erhält die Geschichte ihren Startschuss für eine persönliche, innerliche und gedankliche Entwicklung und starke Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismus, sowie damit einhergehende Problematiken. Allerdings beschränkt sich dies nicht nur auf Marco, sondern alle Charaktere und nicht alle Entwicklungen lassen sich vorhersehen.

Einzig zum Schluss war mir eine Persönlichkeitsentwicklung ZU stark um 180°C Grad gedreht und hat sich plötzlich ganz anders verhalten, als sie bisher in der Geschichte skizziert wurde. Um nicht zu spoilern, werde ich auf diesen Kritikpunkt jedoch nicht weiter eingehen.



Ich persönlich konnte viel mitnehmen von der Geschichte und blicke befremdet und begeistert auf sie zurück. Marco und Dima, sowie alle in ihrem Umfeld machen vieles durch und zeigen, wo einen der Weg des Hasses führen kann. Mit seinen knapp 200 Seiten, konnte mir das Buch so viel mitgeben und mich von sich überzeugen. Gegen Ende war mir eine Persönlichkeitsentwicklung jedoch zu stark. Trotzdem ist das ein wichtiges Buch, das ich nur als absolute Leseempfehlung aussprechen kann.



( 5 / 5 Dschinn)


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In der Rezension habe ich nur kurz angeschnitten, dass ich das Buch sehr informativ war. Nun möchte ich das in meinem Rezensionsextra nochmal aufgreifen. Mich können Bücher mit gut recherchierten "Nebeninformationen" immer sehr beeindrucken und die Autorin baut wirklich einige in die Geschichte ein. Man erfährt so viel über Deutschland, Berlin, die DDR, mal einiges über das Jahr 1993 oder mal darüber, wie sich die Menschheit seitdem weiterentwickelt hat. 

Letztendlich bin ich jedoch über das Detail gestolpert, dass es in der DDR damals nur zwei verschiedene Fernsehsender gab. Hmm. Ich war erst mal direkt skeptisch. Stimmt das? War das damals wirklich so? Und wie fühlt sich die Sendermassen dann wohl für einen ehemaligen DDR-Bürger an? 

Danach habe ich erst Mal das Gespräch zu meinen Verwandten aus Berlin gesucht, um mich mit ihnen darüber zu unterhalten und tatsächlich gab es nur zwei Fernsehsender in der DDR!! Direkt haben sie angefangen witzige Anekdoten darüber zu erzählen, wie sie versucht haben an die "Wessie-Sender" heranzukommen. Sie erzählten, wie sie damals an den Antennen gewuselt haben, um die Sender abzuzweigen und dass einige sogar ihr Geld damit verdient haben, es auch anderen einzurichten. Aber alle aus meiner Familie waren sich darin einig, dass heute genauso viel Schrott, wie damals im Fernsehen läuft. xD 

Ich bin unfassbar baff, wie Bücher uns Menschen manchmal in Gespräche verwickeln kann, die wir sonst so nie geführt hätten. Als Rezensionsextra wollte ich hiermit sozusagen euch meine kleine Geschichte erzählen, aber euch auch nach euren Erfahrungen fragen. 

Habt ihr bereits lustige, interessante oder verrückte Details erfahren, über die ihr euch direkt mit jemanden unterhalten musstet und dadurch vielleicht auch über deren eigenen Erfahrungen mehr hören konntet? Welches Buch hat euch dazu gebracht? 

2 Kommentare:

  1. Huhu Leni,
    ich habe mir gerade deine Rezension mit Interesse durchgelesen. Ich muss sagen, dass du meine Neugierde geweckt hast. Alleine die Charakterkonstellation sorgt ja schon für erste Konfliktthemen. Ausländerfeindlichkeit ist ein aktuelles und vor allem auch sehr interessantes Thema. Scheinbar hat die Autorin das Potential der Geschichte auch sehr gut genutzt. Besonders gefällt mir die Wendung, von der du schreibst, dass Marco im Laufe der Geschichte selbst in die Situation kommt ein Fremder in einem anderen Land zu sein und damit vermutlich auch seine Ansichten einmal stark überdenken muss.

    Eine sehr schöne Rezension zu einem sehr interessanten Buch.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Huhu Tanja,

      das Buch ist mit seinen knapp 200 Seiten wirklich nicht sehr dick, aber es überzeugt unfassbar stark. Die Wendung, dass Marco ins Ausland geht und dort zum ersten Mal als Ausländer angesprochen wird, fand ich auch total interessant. Allgemein hat die Autorin viel Konfliktpotenzial genutzt, Drehungen und Wendungen eingebaut, so dass es zum Nachdenken anregt und auch ein wenig schockiert. Mich würde sehr interessieren, ob dir die Geschichte ebenfalls gefallen würde. Denkst du darüber nach sie zu lesen? =)

      Vielen Dank für deinen lieben Kommentar. ♥

      Ganz liebe Grüße
      Leni

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